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Quellen zur Filmgeschichte: HCITR

Eine kurze Einführung in die Geschichte der Zensur während der Rheinlandbesetzung.

Zwei Schreiben zum Umlauf unzensierter Filme 1924

Der Minister des Innern               Berlin, den 14. Oktober 1924
                                      N.W.7. Unter den Linden 72/74.
   W II 2043 Betrifft: Umlauf unzensierter Filme im besetzten Gebiet.

            Der Herr Reichsminister des Innern führt Klage darüber,
        dass im besetzten gebeit unzensierte Filme im beträchtlichen
        Umfange zur öffentlichen Vorführung gebracht werden. Die
        Zahl der ohne Zensur im besetzten gebiete in dieser Spiel=
        zeit laufenden ausländischen Filme wird auf 1500 ge=
        schätzt. Hierbei ist zu bedenken, dass es sich in den meisten
        Fällen nicht um Filme handelt, die ordnungsgemäss im ganzen
        besetzten Gebiet vertrieben werden, sondern vielfach um ein=
        zelne Kopien, die von Luxemburg, dem Saargebiet oder Strass=
        burg [!= Strassburg] über die Grenze gebracht und bei einzelnen Theatern
        vertrieben werden. Als diejenigen Firmen, die die meisten
        ausländischen Filme ohne Zensur einführen und vertreiben,
        werden genannt:

             Allmang, Neunkirchen, Pathé exchange - Aachen, ferner
             in Köln und Düsseldorf: Aktia, Schilling, Kisnet, Om=
             nium [!= Omnium] , Deutsche Vereins-Film-Gesellschaft.

             Den bei weitem grössten Teil der ohne Zensur laufenden
        Filme bilden die amerikanischen Films.

             Nach der Verordnung der Interalliierten Rheinlandkom=
        mission Nr. 74 vom 17. Februar 1921 ist das deutsche Licht-
        spielgesetz vom 12. Mai 1920 für diejenigen Bildstreifen
        ausser Anwendung gesetzt worden, die aus einem Lande oder
        aus den Kolonien eines Landes stammen, deren Armeen an der
        Besatzung teilnehmen. Da die amerikanische Armee an der Be=
        satzung nicht mehr teilnimmt, trifft diese Verordnung auf
        Filme amerikanischer Herkunft nicht mehr zu, ebensowenig
        wie sie jemals auf italienische Filme Anwendung gefunden
        hat.

             Unter Hinweis auf den Runderlass des Herrn Oberpräsi=
        denten der Rheinprovinz in Coblenz vom 26. April 1923 - Bes.
                                                             2250 -
Den Herren Regierungspräsidenten
Aachen, Düsseldorf, Köln


- 2 - -Bes. 2250 - ersuche ich die unterstellten Behörden erneut mit Anweisung zu versehen und überwachen zu lassen, dass weder ameri= kanische noch italienische Filme ohne Zensur in besetzten Gebiet in Umlauf gesetzt werden. Bei genauer Beachtung dieser bestimmung wird sich die vom Reichswirtschaftsministerium in Übereinstimmung mit der gesam= ten Filmindustrie z. Zt. für notwendig erachtete Beschränkung der Einfuhr und ihre Kontingentierung erreichen lassen. In Vertretung gez. M e i s t e r BEGLAUBIGT (Kaltschmidt) Ministerial-Kanzleisekretär Zurück zum Anfang
Berlin, 24.11.1924 Betrifft: Eine Übergangsfrist für den Umlauf unzensierter Filme im besetzten Gebiet. Unter Bezug auf meinen Erlass vom 14. Oktober d. Js. - z.II. 2043 -. Durch den nebenbezeigten Erlass hatte ich die Herren Regierungspräsidenten des besetzten Gebietes ersucht, überwachen zu lassen, dass weder amerikanische noch italienische Filme ohne zensur im besetzten Gebiet in Umlauf gesetzt würden. Der Kölner Verein zur Warung der Interessen der Kinemato- graphie in Köln sowie die Firma Allmang u. Co. in Neunkirchen a.d. Saar und in Köln sind hierauf bei mir vorstellig geworden. Sie erkennen zwar die Rechtslage ohne weiteres an, weisen aber darauf hin, dass angesichts zahlreicher laufender Verträge über ausländische Filme sowohl für Verleiher wie Theaterbe- sitzer schwere wirtschaftliche Nachteile aus einer sofortigen, strengen Durchführung meines Erlasses entstehen würden. Die Interessenten beantragen, dass die in meinem Erlass genannten Firmen dem Polizeipräsiidenten in Köln eine Liste ihrer unzen- sierten Filme einreichen und dass diese Firmen die noch in ihrem Besitz befindlichen Filme bis zum 31.März 1925 vorführen lassen dürfen. Die Filmverleihinstitute und die Theaterbesitzer er- klären, sonstige unzensierte Filme weder mehr einzuführen, noch zu spielen. Damit scheint für die Zukunft vielleicht auch auf die Vorführung unzensierter Filme aus Frankreich, Belgien und England verzichtet zu werden. Hierbei bemerke ich, dass französische Filme von Bedeutung bereits jetzt trotz der Ver- ordnung 74 der Rheinlandkommission nicht ohne deutsche Zensur in den Herrn Regierungspräsidenten in Wiesbaden.
- 2 - in das Rheinland gebracht werden, weil der Verkäufer sich nicht den Absatz im unbesetzten Deutschland unmöglich machen will. Den Filmverleihinstituten und Theatern im besetzten Ge- biet ist zweifellos der Inhalt dieser Verordnung 74 bekannt, derzufolge sie Filme aus den Ländern, die an der Besetzung teilnehmen, ohne deutsche Zensur eingeführt haben. Aus der Verordnung und aus der allgemein bekannten Tatsache, dass die amerikanische Besatzung zu Beginn des Ruhrkampfes abgezogen ist, ergab sich, das bereits seit Januar 1923 amerikanische Filme der deutschen Zensur unterlagen. Falls die Interessenten trotz- dem ohne Rücksicht hierauf weitere amerikanische Filme erwar- ben, handelten sie auf ihr eigenes Risiko. Gleichwohl war durch meinen nebenbezeichneten Erlass in erster Linie beabsichtigt, die Rechtseinheit auf dem Gebiet des Filmwesens nach Möglichkeit auch im besetzten Gebiet wieder herzustellen, nicht aber etwa Interessenten in eine schwere wirtschaftliche Situation zu bringen, die noch dadurch verschärft werden kann, dass anscheinend mindestens zur Zeit es schwierig ist, ein Kontingent auf zensierte deutsche Films oder ausländische Filme zu erwerben. Namentlich im Interesse der deutschen Angestellten der beteiligten Verleih- und Theater-Firmen will ich mich da- her damit einverstanden erklären, dass nach Massgabe des fol- genden durch Sie, Herr Oberpräsident, eine entgegenkommende Handhabung meines obigen Erlasses veranlasst und für die Vor- führungen unzensierter Filme eine Übergangsfrist bis zum 28. Februar 1925 (bis auf weiteres jedoch nicht über das In- kraftbleiben der Verordnung Nr. 74 der Rheinlandkommission hinaus) stillschweigend gewährt wird.
- 3 - 1.) Die Fristgewährung erstreckt sich nur auf den Geltungs- bereich der Verordnung 74, also nur auf das altbesetzte Gebiet unter Ausschluss des Sanktions- und Einbruchsgebiets. 2.) Um einen Missbrauch der Fristgewährung etwa durch nach- trägliche Einführung weiterer Filme vorzubeugen, sind die Interessenten, gegebenenfalls durch ihre hauptsächlichen Be- rufsorganisationen, zu veranlassen, alsbald eine Liste derjeni- gen unzensierten Filme vorzulegen, hinsichtlich derer sie Nach- sicht erbitten. Von der Fristgewährung sind ohne weiteres die Filme auszuschliessen, a) hinsichtlich deren die die Filmverleihinstitute des be- setzten Gebietes erst nach dem 1. November d. Js., sei es mit in- oder ausländischen Lieferanten Verträge abgeschlossen haben, b) welche etwa Bedenken gemäss § 1 Abs. 2 und § 3, Abs. 2 des Lichtspielgesetzes v. 12. Mai 1920 (R.G.Bl. S. 953) hervorrufen. Ich nehme an, dass alle beteiligten Firmen bereit sein werden, die betreffenden Filme alsbald etwa dem Herrn Polizei- präsidenten in Köln vorzuführen. Ob eine Herabdrückung der Zahl der in der Vorzeit vor dem 1. November erworbenen Filme bei der einen oder anderen Firma angezeigt erscheint, überlasse ichIhrer Entscheidung, Herr Oberpräsident; in diesem Falle werden in die Fristgewährung insbesondere solche Filme einzu- beziehen sein, die für die Interessenten die grösste wirtschaft- liche Bedeutung haben. Nach der Seite der Interessenten wird eine Mitteilung über eine entgegenkommende Behandlung bis zum 28. Februar 1925 genügen, aber von einer ausdrücklichen Spiel- erlaubnis abzusehen sein. Das hiernach Erforderliche ersuche ich alsbald zu ver- anlassen. Die Eingaben des Kölner Vereins zur Wahrung der Interessen
- 4 - der Interessen der Kinematographie und der Firma Allmang u. Co G.m.b.H. vom 17., 18. und 21. d.Mts. für ich mit der Bitte um gelegentliche Rückgabe bei. Die Verordnung 74 ist mit der in London zugesicherten deutschen Wirtschaftseinheit nicht zu vereinbaren. Falls die Verordnung demnächst aufgehoben wird, behalte ich mir eine weitere Weisung vor. Abschrift dieses Erlasses erhalten zur vorläufigen Unterrichtung die Herren Regierungspräsidenten der Rhein- provinz, sowie die in Wiesbaden, Münster und Arnsberg. An den Herrn Oberpräsidenten der Rheinprovinz in Coblenz. ---------- Abschrift übersende ich zur gefälligen Kenntnis- nahme ergebenst. In Vertretung gez. Meister Beglaubigt (Sass) Ministerial-Kanzeisekretär

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